Donnerstag, 1. Januar 2015
Dem Druck Luft und Raum geben
Ich befasse mich nun mit dem Thema Ritzen, was eine Art der Selbst-Verletzung ist, die sich durch offene "Kratzer" und Narben zeigt. Viele der Betroffenen verstecken ihre Narben unter langen Pullis und Hosen, obwohl es Sommer ist. Um euch verständlich zu machen wieso dieses Thema eine Herzensangelenheit für mich ist muss ich mich euch gegenüber öffnen. Anschließend werde ich Tipps geben um den Druck Raum zu geben ohne das der Körper wie ein Schlachtfeld aussieht. Ich bin zum jetzigen Zeitpunkt 17 Jahre alt und fing mit 12 Jahren an mich zu ritzen. Ich weiß noch genau wie es dazu kam, wie es war zum ersten Schnitt anzusetzen und wie es war die ersten Bemerkungen zu bekommen. Ich fand eine neue Freundin, sie kam neu in meine Klasse und sie ritze sich regelmäßig. Sie vertraute sich mir an und somit befasste ich mich auch das erste mal damit. Eines Tages stritt ich mich mit meiner Mutter, und ich war ziemlich fertig. Doch dann fiel mir ein, dass meine neue Freundin sagte wie gut es ihr tuen würde sich die Arme aufzuschneiden. Ich ging in die Küche, nahm mir die Küchenschere und ging wieder in mein Zimmer. Ich war mir unsicher ob ich es wirklich tuen soll, was würden wohl die anderen sagen? Doch schneller als gedacht war die Schere angesetzt. Nun fehlte der entscheidende Schritt, einfach durchziehen. Ich tat es, und auch wenn nicht Betroffene die Äußerung nun nicht verstehen können, ich war glücklich nach dem ersten Schnitt. Deswegen fiel es mir leicht weiter zu machen. Da ich damals etwas pumeliger war wunderte es auch niemanden, dass ich immer zu große Kleidung trug. Ich fühlte mich in der Schule unwohl, dachte es könnte jemand sehen. Nach weiteren Augenblicken der Traurigkeit und Hoffnungslosigkeit griff ich wieder zur Schere. Ich wusste ja das ich danach glüclich war. Doch die Probleme waren nicht gelöst, und sobald ich damit konfrontiert wurde griff ich wieder zur Schere. Ich wusste damals nicht, dass ich so schnell in diesem Teufelskreis gefangen war. Als ich 15 Jahre alt war und mich seit bereits 3 Jahren ritze fing ich an eine Therapie zu machen. Schnell wurde klar dass ich süchtig war. Es ist zu vergleichen wie mit einem Drogenabhängigen. Man braucht es um durch den Tag zu kommen. Und man würde alles dafür tuen um sich selbst zu verletzen, egal wann und wo. So passierte es, dass ich mich auf dem Schulklo ritze. Doch so erschreckend das auch klingen mag, dies war nicht mein Tiefpunkt und auch nicht der Punt wo ich sagte ich ändere etwas. Klar schlug meine Therapeutin mir vor wie sich Eiswürfel auf die Pulsader zu legen, aber dies half mir nicht. Ich war selbstmordgefährdet, ritze mich täglich und fand das Leben scheiße. Ich wurde zwangseingeliefert. Dann kam ich wieder raus doch was dann? Was soll ich machen, draußen lauerte doch wieder das Leben. Doch dann kam die Wende für mich mit der Geburt meiner Großcousine und mir wurde bewusst dass es nun einen Menschen geben wird der zu mir aufsieht. Ich fand wieder einen Sinn im Leben, etwas wofür es sich lohnt zu leben. Schließlich wollte ich doch sehen wie sie aufwächst. Seitdem habe ich mich nicht mehr geritzt. Was mir geholfen hat waren Freunde die mich verstanden und die sofort zu mir kamen wenn ich ihnen sagte ich brauche sie. Und was mir jedoch besonders half war von Tag zu Tag zu denken. Wenn ich es heute nicht tue kann ich es immernoch morgen. Und so denke ich seitdem. Ich weiß nicht ob es euch auch helfen wird, aber dieses von Tag zu Tag Denken ist für mich die passende Lösung gewesen. Aber wie versprochen nun die Tipps damit euer Körper kein Schlachtfeld der Gefühle mehr ist. Unternehmt was, geht raus in die Welt und benehmt euch einfach komplett verrückt. Seit frei, wenn auch nur für den Moment. Redet über das was euch bewegt, und wenn ihr euch nicht Freunden anvertrauen wollt dann macht es anonym im Internet. Aber nehmt euch die blöden Bemerkungen nicht zu Herzen sondern beachtet nur die die euch versuchen zu helfen. Und letztendlich wenn euch all dies nicht geholfen nicht, dann setzt euch mit guter Musik ans Fenstern, an euren Lieblingsort oder wo ihr hin wollt und verliert euch in der Musik. Ich bitte euch, bleibt stark. Jeder von euch ist ein Diamant in diesem Meer voller Steine.

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